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Die Sache mit der Gewährleistung im Kaufrecht

(Teil 1)

In den letzten Monaten häuften sich Anfragen an den swissT.net-Rechtsdienst zu Inhalt und Wegbedingung der Gewährleistung, zur Abänderbarkeit der Fristen sowie zum Unterschied zur Garantie. Grund genug, diesem Thema nochmals Platz einzuräumen.

Keine Haltbarkeitsgarantie

Ein Verkäufer hat nach Gesetz dafür geradezustehen, dass das Produkt bei der Übergabe in einwandfreiem Zustand ist. Häufig treten Mängel aber erst nach dem Kauf auf, also zu einem Zeitpunkt, zu dem das Produkt schon gebraucht wurde. Sofern die Ursache dieser Mängel latent schon bei der Übergabe dem Produkt innewohnte, handelt es sich um sog. verdeckte Mängel. Diese verdeckten Mängel fallen ebenfalls unter die gesetzliche Gewährleistung (z.B. war das Material schon zum Kaufzeitpunkt zu schwach, riss aber erst später). Der Gesetzgeber geht davon aus, dass ein Produkt grundsätzlich zwei Jahre zu halten hat, streng genommen gilt die gesetzliche Gewährleistung aber nur für Mängel, die schon zum Zeitpunkt der Übergabe an den Käufer vorhanden waren. Es handelt sich bei der zweijährigen gesetzlichen Frist nach Art. 210 OR somit nicht um eine eigentliche Haltbarkeitsgarantie, sondern lediglich um eine Verjährungsfrist, während der anfängliche (d.h. bei Übergabe) bestehende Mängel (inkl. anfängliche verdeckte Mängel) gerügt werden können. Die Beweislast für das Vorliegen eines Mangels liegt beim Käufer.

Ausnahmen von der Gewährleistung

Normale Abnützung und Verschleiss sowie nach dem Kauf hinzutretende Mängelursachen fallen normalerweise nicht unter die gesetzliche Gewährleistung (Beispiel: Löst sich bei einem neu gekauften Schuh innerhalb von zwei Jahren die Sohle, liegt ein Mangel vor, hingegen wäre ein abgelaufener Absatz eine Verschleisserscheinung). Im Nachhinein lässt sich jedoch nicht immer feststellen, ob ein aufgetretener Mangel schon zum Kaufzeitpunkt vorhanden war, oder aber die Folge normaler Abnützung oder einer später hinzugetretenen Ursache ist, welche durch die Gewährleistung nicht gedeckt ist. Der europäische Gesetzgeber hat diesbezüglich für Verbraucherverträge eine widerlegbare Vermutung aufgestellt:
Mängel, die innerhalb von sechs Monaten nach Kauf auftreten, gelten bis zum Beweis des Gegenteils durch den Verkäufer als schon bei der Lieferung gegeben. Das hat der Schweizer Gesetzgeber nicht übernommen.

Unterschied zwischen Garantie und Gewährleistung

Oft übernimmt der Verkäufer bei Vertragsschluss zusätzlich oder anstelle der gesetzlichen Gewährleistung eine sog. Garantie. Die Begriffe Garantie und Gewährleistung werden im allgemeinen Sprachgebrauch als Synonyme verwendet, obwohl der Begriff der Garantie im Kaufrecht gar nicht vorkommt, rechtlich korrekt ist der Begriff der Gewährleistung. Da die gesetzliche Regelung (mit Ausnahme der zweijährigen Verjährungsfrist bei Konsumentenverträgen) nicht zwingend ist, kann sie durch Vertragsabrede modifiziert werden, eben z.B. in Form einer "Garantie". Dabei handelt es sich um eine freiwillige Erklärung des Verkäufers, in der Regel zum Vorteil des Käufers. Beispiele hierfür sind i) die Einräumung eines Mangelbehebungsrechts (Reparaturrecht), da ein solches im Gesetz nicht vorgesehen ist, ii) die Verlängerung der gesetzlichen Verjährungsfrist, oder iii) der Verzicht auf die Voraussetzung einer sofortigen Mängelrüge.

Eine Garantie des Verkäufers kann aber auch zu einer Schlechterstellung des Käufers im Vergleich zur gesetzlichen Regelung führen, z.B. indem der gesetzlich verankerte Wandelungs- oder Minderungsanspruch ausgeschlossen und stattdessen "nur" ein Mangelbehebungsrecht oder die Lieferung eines Ersatzgeräts vereinbart wird, oder wenn die zweijährige Verjährungsfrist verkürzt wird (bei Konsumentenverträgen nicht zulässig). Eine Garantie ist also nichts anderes als eine vertraglich vereinbarte Gewährleistungsregelung, wobei sich vielerlei hinter diesem Begriff verbergen kann, massgebend ist der konkrete Inhalt einer Garantie im Einzelfall.